Aus dem Jahre 1528 sind drei Predigtreihen Luthers erhalten, in denen er immer wieder die "lieben Kinder" anspricht. Aus diesen Katechismuspredigten ist ein Jahr später der so genannte Große Katechismus entstanden.
Dieses Kinderpredigtbuch hat Luther den Hausvätern zur eigenen Erbauung und zur Vorbereitung auf die Unterweisung ihrer Kinder zugedacht, wie aus der Vorrede deutlich wird.
Pfarrer D. Friedrich bezeichnet in seiner Geschichte des Kindergottesdienstes den Großen Katechismus Luthers als Musterpredigtbuch für den Kindergottesdienst (1), zumal Kindergottesdienst im 16. Jahrhundert zu allererst Kinderpredigt heißt:
"Der eigentliche Kindergottesdienst starb mit Luther. Was nachher wurde, war die sogenannte Christenlehre für die großen Kinder, die sich wesentlich auf die Übung des Katechismus einstellte. Gottesdienstlich nimmt sich die Kirche der Kinderscharen nicht mehr an. So kommt es zu einer Entfremdung zwischen Kirche und Kind. Die Einführung der Konfirmation sucht nachzuholen, was da versäumt wurde, aber mit untauglichen Mitteln; denn nur ganz vorübergehend kommen die älteren Kinder in die Hand der Kirche.
So ist es bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts geblieben. Dann erst hat sich die Kirche erst langsam wieder besonnen auf ihre Pflicht dem Kinde gegenüber; eine ganz besondere Notlage musste aber erst den Anstoß dazu geben." (2)
In den großen Städten wuchsen die Kinder der unteren sozialen Schichten beinahe ohne Religionsunterricht auf, sodass die Kirche Sonntagsschulen errichtete. Diese waren als Ersatz für den Elementarunterricht eingerichtet, vor allem aber sollten sie religiöse Unterweisung bieten.
Ein englischer Buchdrucker namens Robert Raikes (1735-1811) richtete für die englischen Proletarierkinder, die überhaupt keinen Schulunterricht genossen, eine eigentliche Sonntagsschule ein, in der die grundlegenden Schulgegenstände Lesen, Schreiben, Rechnen, daneben aber auch mit besonderem Eifer Biblische Geschichte unterrichtet wurden.
Der Methodistenbischof Francis Ashbury in Virginien richtete 1786 für die Jugend seiner Gemeinden, die in den öffentlichen Schulen keinen Religionsunterricht genossen ebenfalls Sonntagsschulen ein, in denen die nötige religiöse Unterweisung nachgeholt wurde. (3)
Die Idee der Sonntagsschulen brachte der deutsche Kaufmann Johann Georg Oncken von England her mit nach Deutschland und richtete in Hamburg die erste deutsche Sontagsschule ein und zwar hauptsächlich für die Proletarierkinder (1825). Da in allen diesen Fällen Unterricht erteilt wurde, waren die Gruppeneinteilung sowie der Helferdienst Selbstverständlichkeit.
In Deutschland stellte sich aber sehr bald die Frage: Warum eigentlich Sonntagsschulen? Aufgrund eines zu der Zeit halbwegs geordneten Religionsunterrichtes gab es in Deutschland nicht diese krasse Unkenntnis der Jugend auf religiösem Gebiet wie z.B. unter der amerikanischen Jugend.
Der Hainburger Pfarrer Rautenberg gründete 1825 eine Sonntagsschule in welche auch J. H. Wichern 1832 als Helfer eintrat. Bereits Wichern führte neben der Bezeichnung Sonntagsschule auch die Bezeichnung Kindergottesdienst. Sowohl Sonntagsschule als auch Kindergottesdienst waren auf deutschem Boden Gründungen der Inneren Mission.
Ausgehend von den Städten breiteten sich die Kindergottesdienste auch auf die Dorfgemeinden aus. Es setzte sich auch allmählich neben dem Begriff Kindergottesdienst die Einsicht, dass man den Kindern nicht nur Schulunterricht, sondern auch Gottesdienst schuldig war, durch. Laut Wichern sollte die korrekte Bezeichnung für Kindergottesdienst der Begriff "Kirchenschule" (4) sein, zumal im Reich der Religionsunterricht völlig der Schule ausgeliefert war.
Allmählich wuchs die Zahl der Helfer im Kindergottesdienst bzw. in der Sonntagsschule an und es entstand auch eigene Literatur.
In Österreich war der Religionsunterricht in der Hand der Pfarrer als Religionslehrer bzw. wurde der Unterricht in den Schulen der Kirchengemeinden gehalten. Abgesehen davon gab es auch praktische Hindernisse durch die österreichische Diaspora bedingt. In den bäuerlichen Landgemeinden gab es außerdem noch die Tradition der Christenlehre.